Freitag, 2. September 2011

Balto

Neulich habe ich Besuch bekommen…
Er hat kurze, helle Haare und unglaublich lange Beine, die beim Ausruhen elegant übereinander gekreuzt werden und mit denen er in leichten Rehsprüngen über Gräser setzt, wenn wir spazieren gehen. Seine Stimme ist überraschend tief und sein nachdenklicher Blick trifft einen aus wie mit Kajal umrandeten Augen. Er heißt Balto und ist ein Hund.

 Nachdenklich umkreisen wir einander. Er mich in der Hoffnung auf noch einen Spaziergang. Ich ihn auf der Suche nach weiteren Linien, die von seinem glatten Rücken, seinen aufmerksamen Augen direkt in mein Skizzenbuch fließen. Mein Bleistift ist irritiert. Sonst lassen wir uns vom Schnurren der Katze einspinnen, die in Haltungen, wie sie nur Katzen einnehmen können, auf vielen Seiten zwischen rankenden Pflanzen und unbeirrbaren Steinen schläft. Auch Pferde grasen im Skizzenbuch und Schafe; Vögel sitzen auf den Strichen.

Hunde dagegen, stelle ich nun fest, sind selten. Nicht, dass ich sie nicht mögen würde. Auch dieser Besuch ist mir sehr willkommen. Vielleicht liegt es eher daran, dass Hunde sich von den gleichen Gedanken ablenken lassen wie ich: Sieh nur, wie die Sonne scheint. Sie malt Lichtspiele auf die Wiesen und lässt die ersten Herbstfarben am Wald aufleuchten. Lass uns nach draußen gehen und all das für die Bilder im Kopf ganz genau ansehen. Bald beginnt die Zeit mit viel Regen und Grau in Grau, dann können wir immer noch am Schreibtisch sitzen (oder darunter liegen) und freuen uns über die sonnigen Erinnerungen, die wir gesammelt haben. Na komm, lass uns nach draußen gehen…

Warum eigentlich nicht? Natürlich ist es nicht ganz einfach - für den gleichzeitigen Umgang mit Skizzenbuch, Stift und Hundeleine braucht  man eigentlich mindestens drei Arme und Hände. Viel zu leicht werden sonst aus genauen Studien Nur-mal-eben-schnell-Skizzen mit Strichen, wo einem die Hand plötzlich zur Seite gezogen wurde. Aber man lernt dabei, sich auf das Wesentliche im Bild zu beschränken. Das ist auch sehr wichtig. Und überhaupt, schon seit ein paar Tagen habe ich nicht mehr draußen in der Natur gezeichnet. Also: „Komm, Balto. Wir gehen spazieren.“